24.08.2010
Die Brandenburger Betriebe und der Arbeitsmarkt haben der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise getrotzt: Die Anzahl der Betriebe und der Beschäftigten ist gestiegen, allerdings arbeiten mehr Menschen in Teilzeit und Minijobs. Der monatliche Bruttodurchschnittslohn lag im Juni 2009 bei 1.840 Euro, das sind 80 Prozent des Westniveaus. Das sind Ergebnisse des Betriebspanels Brandenburg 2009, das Arbeitsminister Günter Baaske heute in Potsdam vorstellte. Für diese Untersuchung wurden von Juli bis Oktober 2009 973 märkische Betriebe befragt. Die Daten wurden vom Institut für sozialökonomische Strukturanalysen (SÖSTRA) ausgewertet.
Die Anzahl der Betriebe hat sich seit 2006 um 1.800 auf rund 64.500 im Jahr 2009 erhöht. Im Vergleich zum Jahr 2008 waren das 590 Betriebe mehr. Die Zahl der Beschäftigten ist auf 881.000 gestiegen (2006: 844.000; 2008: 875.000). Der Fachkräftebedarf war trotz Wirtschaftskrise unverändert hoch: 36.000 Menschen wurden im 1. Halbjahr 2009 neu eingestellt, 5 % mehr im Vergleich zum Vorjahr. 6.000 freie Stellen konnten im gleichen Zeitraum nicht besetzt werden.
Günter Baaske: „Die Daten zur Beschäftigung sind erfreulich, aber sie haben auch eine Schattenseite: Der Anstieg von Minijobs und Teilzeitarbeit führt dazu, dass viele kaum von ihrem Lohn leben können und Unterstützung aus Steuermitteln benötigen. Wir müssen alles daran setzen, dass reguläre Arbeitsplätze entstehen, die gut bezahlt werden. Die Unternehmen müssen sich ihrer Verantwortung für gute Arbeit auch im eigenen Interesse stellen, denn sonst bekommen sie bald ein erhebliches Fachkräfteproblem."
Vor allem in Kleinstbetrieben werde sich die Fachkräftesituation weiter zuspitzen, wenn sich die Lohnsituation nicht verbessert. Baaske: „Dafür brauchen wir einen gesetzlichen Mindestlohn. Nur dadurch können wir Lohndumping verhindern. Aus der Gemeinsamen Fachkräftestudie Berlin-Brandenburg wissen wir, dass der Fachkräftebedarf in den kommenden Jahren rapide zunehmen wird." Schon bis 2015 wird damit gerechnet, dass 270.000 Arbeitsplätze nicht besetzt werden können, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Prof. Dr. Jürgen Wahse von SÖSTRA: „Brandenburg entwickelt sich gut. Die eher kleinteilige Wirtschaftsstruktur hat in der Krise geholfen, bringt aber in „normalen" Zeiten viele Probleme mit sich. Die niedrigen Löhne werden sich perspektivisch als Nachteil im bundesweiten Wettbewerb um Fachkräfte erweisen." Die von der Landesregierung initiierte intensive Diskussion zum Fachkräftebedarf sei richtig, „denn sie zeige den Handlungsbedarf für die Betriebe und Arbeitnehmer auf."
Nach Angaben der Betriebe gab es Mitte 2009 in Brandenburg 201.000 Teilzeitbeschäftigte, darunter ca. 65.000 Minijobs. Das sind im Vorjahresvergleich rund 12.000 mehr. Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten an den insgesamt 881.000 Beschäftigten betrug damit 23 % (2008: 22 %), ihre durchschnittliche Arbeitszeit lag bei 22 Wochenstunden. Teilzeitbeschäftigung ist weiterhin eine Frauendomäne: Wie bereits in den Vorjahren sind etwa 80 % aller Teilzeitbeschäftigten weiblich (Ostdeutschland: 79 %).
Das Qualifikationsniveau der Brandenburger Beschäftigten ist höher als im Bundesdurchschnitt. Der Anteil der Arbeitsplätze, die einen Berufsabschluss voraussetzen, liegt mit neun Prozentpunkten deutlich über dem westdeutschen Wert, der Anteil der Einfacharbeitsplätze ist um zwölf Prozentpunkte geringer als in Westdeutschland.
Der monatliche Bruttodurchschnittslohn lag im Juni 2009 bei 1.840 Euro - nur 80 % im Vergleich zu Westdeutschland. Das Lohnniveau der Beschäftigten in Kleinstbetrieben mit weniger als zehn Beschäftigten lag bei etwa der Hälfte der Gehälter in Betrieben mit über 250 Beschäftigten. Baaske: „Die Lohnangleichung muss vorankommen. Gute Arbeit muss gut bezahlt werden. Ansonsten haben die brandenburgischen Betriebe im Kampf um qualifizierte Fachkräfte das Nachsehen." Nicht zuletzt wegen der höheren Löhne in anderen Bundesländern verliert Brandenburg jedes Jahr rund 10.000 junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren. Die Abwanderung sei aber angesichts des großen Fachkräftebedarfs „fatal" und entziehe der Wirtschaft die Grundlage, so Baaske.
56 % der Betriebe haben eine Ausbildungsberechtigung. Infolge der Wirtschaftskrise verringerte sich jedoch ihre Ausbildungsbeteiligung. Nur etwa die Hälfte von ihnen bildete im Jahr 2009 aus. Baaske: „Das muss sich dringend ändern. Aus- und Weiterbildung sind der Schlüssel zur Bekämpfung der Fachkräftelücke. Wir müssen auf junge Menschen in der Region zu setzen, sie gut ausbilden und in die Weiterbildung der vorhandenen Arbeitskräfte investieren."
Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) führt in Zusammenarbeit mit dem Brandenburger Arbeitsministerium seit 1996 jährlich die repräsentative Arbeitgeberbefragung für das Betriebspanel durch. Den Auswertungsbericht für Brandenburg erstellt SÖSTRA. Die Analyse wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert.
Der Gesamtbericht ist abrufbar unter: www.masf.brandenburg.de
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»Ihr müsst die Leute besser bezahlen« - Das niedrige Lohnniveau in Brandenburg wächst sich nach Auffassung von Arbeitsminister Günter Baaske (SPD) zu einem Risiko für die brandenburgische Wirtschaft aus.
Neues Deutschland, 24.8.2010
http://www.neues-deutschland.de/artikel/178051.ihr-muesst-die-leute-besser-bezahlen.html
Unternehmern gehts gut in Brandenburg - ARBEITSMARKTSTUDIE Viele Märker arbeiten in "flexiblen Beschäftigungsverhältnissen" und zu Löhnen weit unter Westniveau. Die Firmen freuts, den Nachwuchs nicht: Die Jungen verlassen das Land in Scharen
taz, 24.8.2010
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2010%2F08%2F24%2Fa0142&cHash=33ce3e0143
Jeder dritte Beschäftigte ohne Vollzeitjob
Der Tagesspiegel, 24.8.2010
http://www.tagesspiegel.de/berlin/jeder-dritte-beschaeftigte-ohne-vollzeitjob/1909858.html
Fachkräfte flüchten vor geringem Lohn - Jedes Jahr ziehen 12 000 Erwerbstätige weg
Berliner Zeitung, 24.8.2010