15.12.2010
Pressemitteilung
Berlin, den 14.12.2010
Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) ist nicht tariffähig. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) heute entschieden. Damit hat das höchste deutsche Arbeitsgericht klargestellt, dass Organisationen, die Tarifverträge abschließen, ohne dazu von den Mitgliedsgewerkschaften ausreichend legitimiert zu sein, keine Gewerkschaften im tarifrechtlichen Sinn sind. Die von der CGZP allein abgeschlossenen Tarifverträge sind daher unwirksam.
Das Bundesarbeitsgericht hat damit die Entscheidungen des Arbeitsgerichts Berlin vom 1. April 2009 und des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Dezember 2009 bestätigt.
Arbeitssenatorin Carola Bluhm: "Diese Entscheidung ist ein tarifpolitischer Meilenstein und ein großer Erfolg für die Beschäftigten in der Leiharbeit. Damit ist klargestellt, dass die CGZP ausschließlich im Interesse der Arbeitgeber gehandelt hat - und nur zu dem Zweck, Tarifverträge zu äußerst niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen abzuschließen. Zukünftig können in der Leiharbeit nur Gewerkschaften das Tarifgeschehen bestimmen, die die Interessen ihrer Mitglieder auf angemessene Arbeitsbedingungen und Bezahlung durchsetzen können und wollen. Diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist zugleich eine Warnung an alle Organisationen, die versuchen, Lohn- und Beschäftigungsstandards zu unterlaufen und der Arbeitgeberseite durch Lohndumping Wettbewerbsvorteile zu verschaffen."
Nach Schätzungen sind in der Bundesrepublik zwischen 850.000 bis 900.000 Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer beschäftigt. Mindestens 200.000 davon sind in der Vergangenheit nach Tarifverträgen der CGZP entlohnt worden.
Die CGZP hatte sich eine Öffnungsklausel im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zunutze gemacht, wonach seit 2003 eine Abweichung vom Gleichbehandlungsgrundsatz durch Tarifverträge erlaubt ist. Sie war in der Vergangenheit massiv in die Kritik geraten, weil sie Tarifverträge mit Stundenlöhnen unter fünf Euro abgeschlossen hatte.
Mit dem Urteil des BAG haben die betroffenen Leiharbeitnehmer nun Anspruch auf gleiche Bezahlung wie die Beschäftigten in den Firmen, wo sie eingesetzt sind. Die Unterschiede können beträchtlich sein. So erhält ein ungelernter Leiharbeiter in der Metall- und Elektroindustrie in Westberlin nach CGZP-Tarif 6,40 Euro Stundenlohn, der festangestellte Produktionshelfer, der neben ihm am Band steht, bekommt 11,82 Euro. Das ist ein Lohnunterschied von 5,42 Euro in der Stunde.
Ob die BAG-Entscheidung in die Vergangenheit wirkt, wird man erst nach Vorliegen der schriftlichen Begründung des Gerichtsbeschlusses beurteilen können. Erst dann ist klar, ob rückwirkend Löhne und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden müssen.
Nach Schätzungen von Experten können sich die Sozialversicherungsbeiträge auf etwa 500 Millionen Euro pro Jahr, insgesamt rund 2 Milliarden Euro belaufen.
Bluhm: "Meine Arbeitsverwaltung hat tarifpolitisches Neuland betreten und Tarifgeschichte geschrieben. Wir haben als erste oberste Landesarbeitsbehörde überhaupt von unserem Recht Gebrauch gemacht hat, einen Antrag auf Feststellung der Tarifunfähigkeit einer Gewerkschaft zu stellen. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zeigt, dass die Einschätzung meiner Verwaltung, die CGZP sei nicht tariffähig, von Anfang an zutreffend war und dass es im Interesse der Leiharbeitskräfte daher auch richtig war, dieses Verfahren zu betreiben."
Nachdem frühere Gerichtsverfahren keine Klärung brachten, hatten die Berliner Senatsverwaltung für Arbeit und der Bundesvorstand der Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am 17. Oktober 2008 einen Antrag auf Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP beim Arbeitsgericht Berlin eingereicht, um zu einer Klärung beizutragen. Diese Klärung ist nun erfolgt.
Bluhm erneuerte ihre Forderung an den Bund, die Öffnungsklausel im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ganz zu streichen: „Es muss endlich das Prinzip gelten, dass für gleiche Arbeit am selben Ort der gleiche Lohn gezahlt wird. Der Gesetzgeber darf dem Unterlaufen von Lohnstandards nicht selber Vorschub leisten."