Transferexperten unter sich

31.05.2012

 

ASTP berät in Berlin, wie die Beziehungen zwischen Forschung und Wirtschaft verbessert werden können

Vollkommen unbeachtet von der Öffentlichkeit, aber auch ohne erkennbar eigenes Interesse, an die Öffentlichkeit zu treten, findet derzeit in Berlin die Jahrestagung der europäischen Technogietransfer-Experten statt. Es handelt sich um die Tagung des europäischen ASTP-Netzwerks  - "Association of European Science and Technology Transfer Professio­nals" zu dem nach Angaben der Berliner Transfer-Allianz  rund 250 Teilnehmer aus ganz Europa, den USA, Asien, Australien sowie Neuseeland erwartet werden.  Die Vereinigung ASTP umfasst insgesamt über 600 Mitglieder aus 41 Ländern. Die Mission der ASTP besteht darin, den Technologie- und Wissenstransfer zwischen der Wissenschaft und der Industrie in Europa zu professionalisieren und zu fördern. (4)  Präsident des ASTP ist der Norweger Anders Haugland (5)

  

Auf dem Programm der Tagung vom 30. 5. bis  1.6.  stehen  Workshops unter anderem zu den Themen  „effektive Technologievermarktung“, die „Dos und Don‘ts bei Verhandlungen“, die Frage, wie „Technologietransferstellen erfolgreich sind“ und um die „soziale Verantwortung im Technologietransfer“. (1)

  

Das vollständige Programm findet sich hier (2)

  

Zur Eröffnung der Konferenz hielt Wirtschafts-Staatssekretär Nicolas Zimmer ein Grußwort. Es dürfte sich im wesentlichen mit den Aussagen decken, die die Transfer-Allianz vorab veröffentlicht hatte.  (3)

 

Danach freute sich Zimmer, dass es „Dank der erfolgreichen Bewerbung der TSB

Innovationsagentur Berlin GmbH gelungen ist, diese hochkarätige  Veranstaltung nach Paris und Stockholm nun vom 30. Mai bis zum 1. Juni in die Kongress-Stadt Berlin zu holen. …. Die Entscheidung für Berlin als Gastgeber des  Kongresses, der den Technologie- und Wissenstransfer zwischen der  Europäischen Wissenschaft und der Industrie fördert, zeigt, dass die  Hauptstadtregion als führende Innovationsregion Europas wahrgenommen

wird“. (Allerdings ist die Fremdwahrnehmung nicht kongruent mit der Selbstwahrnehmung, Anm. d. Red)

 

Als Vor-Event fand schon am Mittwoch Nachmittag in der TSB Innovationsagentur das so genannte „Tech Transfer Primer“ statt. Mit dieser Programm-Neuerung, so ASTP-Präsident Anders Haugland, wolle man sich vor allem an diejenigen Mitglieder wenden, die neu im  Geschäft des Technologie- und Wissenstransfer seien und eine qualitativen Überblick dazu erhalten sollten. „Technologietransfer ist eine sehr komplexe, aber auch unglaublich lohnende Tätigkeit”, heißt es in der Konferenz-Beschreibung zu dieser Session. „Unser Beruf ist es, exzellente Forschung aufzugreifen und ihr den Weg zur Nutzung zu bereiten. Das hört sich einfach an, kann aber verwirrend zugehen. Wir haben viele Beteiligte zufrieden zu stellen – Forscher, Hochschulmanager, Unternehmen, Wirtschaftsförderer, Gesundheitseinrichtungen, Politiker und Verwaltung sowie Forschungsförderer.“

 

Beispiele für erfolgreichen Technologietransfer erläuterten Kevin Cullen, CEO, New South Innovations, Australia & Vice President ASTP, Karen Laigaard, Director of Technology Transfer, University of Copenhage, Denmark und Paul Van Dun, General Manager, KU Leuven R&D, Belgium.

 

In der Session, an der InnoMonitor am Donnerstag teilnehmen konnte, ging es um die die Erfahrungen des Technologietransfers in den letzten zehn Jahren. Marc Le Gal, Leiter des Technologietransfers der Universität Lyon, sah einen wachsenden Druck von zwei Seiten. Von politischer Seite hätten die Vorgaben zugenommen, mit dem Transfer finanzielle Erfolge zu erzielen. „Werdet profitabel“, laute die Anforderung der Politik, wobei häufig noch die Ausstattung reduziert werde. Seine Einrichtung, früher für 18 Unis zuständig, habe nun 24 zu versorgen, bei gleichem Personal. Die wirtschaftliche Seite dagegen sei immer weniger risikobereit und verlange, dass die Kosten für bestimmte „proof of concepts“ nun von den Transfereinrichtungen getragen würden – früher ein eindeutiger Part der Unternehmen. Die Folge, so Le Gal: „Das Tal des Todes wird immer breiter“, jene Spanne, bis ein Transferprojekt tatsächlich eine Einnahme einspielt.

 

Konstantin Kalouris von der Schweizer Merck Serono Ventures stellte dar, wie in der Entwicklung neuer Pharmaka die Forschung von den Unternehmen immer stärker in die Universitäten wandert. So habe Pfizer mit der Universität von California einen Kooperationsvertrag über 100 Millionen Dollar abgeschlossen. Grund für diesen Trend sei die Kostenreduktion für teure Pharma-FuE auf Unternehmensseite. Fragen der Patentierbarkeit sind an dieser Schnittstelle zur öffentlichen Forschung von besonderer Brisanz. Theda Borde, Präsidentin der Berliner Alice Salomon-Hochschule, berichtete von der Einrichtung des IFAF  Instituts für angewandte Forschung durch vier Berliner Fachhochschulen und freute sich über die jüngste Zusage des Senats, die Finanzierung wieder auf zwei Millionen Euro anzuheben. Paul Uwe Thamsen, Vizepräsident der TU Berlin, gab Einblick in das Transfergeschehen seiner Hochschule, an der in jedem Jahr 70 wirtschaftsrelevante Ideen produziert werden. Auch Thamsen kritisierte, dass bei der Betrachtung von Transfereffekten zu sehr die betriebswirtschaftliche Meßlatte angelegt werden (Was wird mit Patenten verdient) und zuwenig der volkswirtschaftliche Nutzen, etwa durch die Ideengenese für Gründerunternehmen. Hier müsse ein „neues Denken“ Platz greifen, das die gesamte Aktivitätskette des Technologietransfers in einer breiteren Weise sehe.

  

Manfred Ronzheimer für InnoMonitor Berlin-Brandenburg (ZN8550)

 

(Berichterstattung wird fortgesetzt. Schließlich sind wir das einzige unabhängige Informationsorgan für Innovationsthemen in der angeblich „führende Innovationsregion Europas“)

   

(1)

http://www.transfer-allianz.de/aktuelles/termine/veranstaltung/d/2012/05/30/a/internationale-expertenkonfenerenz-zum-technologietransfer/

  

(2)

http://www.astp.net/index.php?option=com_content&view=article&id=126&Itemid=121

 

(2a)

http://www.astp.net/Events/Annual_Conferences/2012%20Berlin/Brochure%201.2.pdf

  

(3) http://www.transfer-allianz.de/uploads/media/Newsletter_Editorial_Nicolas_Zimmer.pdf

  

(4)

http://www.astp.net/index.php?option=com_content&view=article&id=2&Itemid=4

  

(5)

http://www.astp.net/index.php?option=com_content&view=article&id=3&Itemid=5

    

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15.05.2012
Berlin als Morgenstadt, aber nicht heute
Die BWG lieferten eine offene Diskussion über den Innovationsstandort Berlin

http://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=3276

 

 

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