18.09.2013
Matching in der Referenzstadt
Die neue "Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie" lädt zum Business Day
Unter dem Motto „Referenzstadt Berlin - Produkte und Dienstleistungen aus und für Berlin" veranstaltete die Wirtschaftsfördergesellschaft „Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie" gestern Nachmittag (Dienstag, 17. September 2013 um 16:30 Uhr) im Ludwig Erhard Haus ihre erste öffentliche Veranstaltung nach der Fusion mit der TSB: den „Berlin Partner Business Day". Nach dem internen Sommerfest bei BMW Motorrad, zu dem nur Mitglieder zugelassen waren, war diesmal die Berliner Wirtschaftswelt eingeladen, die Organisation und an Ständen einzelne ihrer Mitglieder genauer kennen zu lernen, vielleicht auch Mitglied zu werden. 470 Interessierte hatten sich zu dem „Wirtschafts-Get-Together" angemeldet.
Wirtschaftssenatorin Yzer hielt eine wahlkampffreie Ansprache, an 23 Ständen von Ausstellern gab es Kurz-Präsentationen - „mobile Speaker's Corner" genannt. Am Schluß wurde eine Podiumsdiskussion unter Moderation des Tagesspiegels geboten, an der teilnahmen: Dr. Frank Büchner, Leiter Region Ost und Leiter Sektor Energy Deutschland, Siemens AG, Dr. Caroline King, Director International Government Relations, SAP AG, Alexander Jung, Generalbevollmächtigter Berlin, Vattenfall GmbH und Melanie Bähr, Geschäftsführerin von Berlin Partner.
BPWT-Chefin Bähr hob in ihrer Begrüßung hervor, dass unter dem Begriff der „Referenzstadt" die Stärken der Stadt und ihrer Unternehmen vorgestellt werden sollen. Als Beispiele nannte sie das „Schaufenster Elektromobilität", die Bundesdruckerei und Vattenfall mit seinem größten Stromspeicher der Welt. „Berlin ist voller guter Ideen und tatkräftiger Menschen", sagte Bähr.
Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer führte den Begriff der „Referenzstadt" als neuem Leitmotiv ihrer Wirtschaftspolitik weiter aus. (Als in der Senatswirtschaftsverwaltung StS Volkmar Strauch, von der IHK kommend, wirkte, wurde der Begriff erstmals auf die politische Ebene gehoben, verbunden mit einer innovationsförderlichen Beschaffungspolitik der öffentlichen Hände). Yzer sagte, das Bild der Berliner Wirtschaft in der Öffentlichkeit sei in der Vergangenheit zu lange von negativen Aspekten wie hohe Arbeitslosigkeit und schmale Industriebasis dominiert gewesen. Dieses Bild werde aber der aktuellen Lage nicht mehr gerecht, was die Senatorin mit Zahlen des BIP-Anstiegs unterlegte. Um auf die neue Situation besser eingehen zu können, habe sie auch ihre Verwaltung neu aufgestellt und mit den drei Handlungsfeldern besser verzahnt. Beim Instrument des „Einheitlichen Ansprechpartners" zeige dies Wirkung. Im Schnitt nehmen 250 auskunftssuchende Unternehmen im Monat den Dienst der „One-Stop-Agency" (Yzer) wahr, zehn Mal mehr als in den Jahren zuvor.
Zur Fusion von BP und TSB bemerkte die Senatorin, dass diese - nach jahrelangem Streiten und Lamentieren - nun endlich umgesetzt worden sei. „Ohne die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter beider Gesellschaften wäre das nicht zu schaffen gewesen", verteilte die Wirtschaftssenatorin verbale Blumen. „Alle zogen an einem Strang".
Wie am Rande der Veranstaltung bekannt wurde, findet am heutigen Mittwoch eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung der neuen Gesellschaft statt. Für Donnerstag 10.30 Uhr ist im BLC kurzfristig einen Pressekonferenz angesetzt. (InnoMonitor wird dort Fragen nach dem zweiten Geschäftsführer stellen. Die Fragen lauten: „Der Senatorin liegt seit Wochen ein Entwurf für eine Ausschreibung auf dem Tisch. Wird er von der Senatorin übernommen oder entscheidet sie sich für eine Berufung? Wenn Ausschreibung: wann und nach welchen Kriterien: Mehr Technologie- oder mehr Wirtschaftsbezug?. Ist die auszuschreibende Stelle die des 1. oder des 2. Geschäftsführers?").
„Made in Berlin für globale Zukunftslösungen"
Das Konzept der „Referenzstadt Berlin", das Yzer im folgenden entwickelte, setzt am Phänomen der „Hidden Champions" an. Es gebe viele hervorragende Produkte von ebensolchen Firmen aus Berlin, die aber nur Eingeweihten und nicht in der Breite bekannt seien. „Von seiner Anbieterseite kann sich Berlin wieder sehen lassen", stellte die Senatorin fest. Es gebe ein „attraktives Berliner Sortiment".
Punkt 1 des Konzepts ist die Vernetzung der Berliner Wirtschaft mit der Forschung. Eine sehr gut besuchte Pressefahrt der Senatorin in der vorigen Woche zu Berliner Fraunhofer-Instituten führte die Power der hauptstädtischen Forschung vor Augen. Diese seien „Leuchttürme der angewandten Forschung". Mit einer FuE-Quote am BIP von 3,6 Prozent liege Berlin über dem bundesdeutschen Durchschnitt, sagte die Senatorin. (Allerdings wäre vor den versammelten Wirtschaftsvertretern der Hinweis durchaus passend gewesen, dass der Anteil der Berliner Wirtschaft am Forschungsvolumen unterdurchschnittlich ist.) Das IFAF der Fachhochschulen wurde als ein Instrument genannt, um die bessere Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft zu befördern. Auch die neue Berlin Partner GmbH solle zu diesem Transfer ihren Beitrag leisten.
Punkt 2 ist die Vernetzung der Berliner Gründerszene mit den etablierten Unternehmen, und hier auch gerade den internationalen Marktführern. Im Mittelpunkt des Interesses stehen - von beiden Seiten - Kooperationen im Bereich IT und Internet. „Alle Unternehmen sagen mir immer, dass sie innovative IT-Lösungen brauchen", bemerkte Yzer. Mit dem Transfer über Köpfe gibt es in der Stadt der kurzen Wege für ein solches Matching der Generationen günstige Voraussetzungen. „Hier lassen sich gute Win-Win-Lösungen schaffen", meinte die Senatorin. Mit einer Veranstaltung im Kreuzberger Beta-Haus wurde dazu ein erster Aufschlag gemacht.
Punkt 3 ist - vor dem Hintergrund der „wachsenden Stadt" (300.000 mehr Menschen in den nächsten 10 Jahren, das ist eine neue Großstadt) - die Entwicklung von „Lösungen für urbane Räume". Die Wachstums-Situation Berlins sah Yzer als ein „Window of Opportunity", die beherzt genutzt werden müsste. Nicht nur für sich selbst, sondern auch für die weltweit wachsenden Megastädte. Yzer benutzte hier den Begriff des „Upscaling". (Die öffentlichen Diskurs- und Partizipationsformate, die dafür derzeit in Berlin genutzt werden - wie das Stadtforum 2030 oder letztes Wochenende die TEDxBerlin im ICC zum Thema „City 2.0" - müssen aber unbedingt weiterentwickelt werden. Sie sind zu „hidden"..)
Vom Thema Urban Technologies/Urban Solutions kam die Wirtschaftssenatorin sofort auf ihr Lieblingsthema, die Elektromobilität, zu sprechen - ist doch das „Schaufenster"-Konsortium einer der wenigen Wettbewerbs-Erfolge ihrer Innovationspolitik (anders als bei „Spitzencluster" und „Zwanzig20"). In ihrem „Referenzstadt"-Konzept wird „EMo" mit seinen 30 Projekten und Absichts-Volumen von 100 Mio Euro wahrscheinlich das entscheidende Vorhaben sein. 2014 will BMW die Produktion seines Elektro-Motorrads in Berlin beginnen. (Hoffentlich läufts dort besser als mit der E-Motoren-Produktion bei Daimler Marienfelde). 2015 soll das Formel E-Rennen auf der Tempelhofer Rollbahn starten.
Elektromobilität, aber auch die vorherigen Punkte, verband Yzer mit dem Slogan „Made in Berlin für globale Zukunftslösungen".
Punkt 4 ist das alte Strauch-Projekt (auch Semlinger von der HTW hatte das mit einer wissenschaftlichen Studie untersetzt, die bei der FES publiziert wurde): den Beschaffungsbedarf des Landes und seiner Landes-Unternehmen zur Förderung von innovativen Produkten und Dienstleistungen zu nutzen. Bei Startups sind solche „Referenz-Kunden" viel wichtiger als jeder IBB-Fördermittelbescheid. Yzer kündigte an - und dies war die eigentliche Neuigkeit des Tages (hier ungerechterweise an den Schluß des Berichts gerutscht) -, dass sie derzeit eine „Reform des Vergaberechts" prüfe. Hierzu sei sie mit anderen Senatsverwaltungen, Bezirken und AH-Fraktionen im Gespräch.
Unter Bezug auf den IT-Punkt „Open Data" beschwerte sich die Senatorin über den Berliner Rückstand im Bereich WLAN: „Das müssen wir ändern". Zu den internen Hausaufgaben des Senats zählen auch vermehrte Energieeffizienz-Lösungen der öffentlichen Hand.
Punkt 5 sind dann werbliche Maßnahmen, die zum Kerngeschäft von Berlin Partner gehören. Asien-Pazifik-Wochen, Osteuropa-Forum, Führungen für ausländische Besucher durch Berliner Zukunftsorte, Gesprächsreihe mit den Botschaften, Lange Nacht der Industrie zählte Yzer als Beispiele auf, um Berliner Kompetenzen bekannter zu machen (Sie hätte auch sagen können: „Wir wollen aus der Kompetenzstadt die Referenzstadt machen", aber darauf ist der Redenschreiber nicht gekommen). Es werde jetzt geprüft, so Yzer, wie die Marketing-Maßnahmen von Berlin Partner für die Industrie besser nutzbar gemacht werden können. Dies war auch ihr abschließender Appell an die Wirtschaftsvertreter, ihr Konzept der Referenzstadt aktiv zu unterstützen.
Manfred Ronzheimer für InnoMonitor Berlin-Brandenburg
(Kursiv gesetzt sind Bemerkungen, die eigentlich in einen Kommentar-Kasten gehört hätten)
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DOKUMENTATION
Pressemitteilung Berlin Partner vom 18.09.2013
Über 300 Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien trafen sich gestern zum 4. Berlin Partner Business Day im Ludwig Erhard Haus.
Die Veranstaltung war ein voller Erfolg: Viele Berlin-Partner-Unternehmen, BLC-Partner, Institutionen und weitere Berliner Unternehmen präsentierten sich und stellten ihre Produkte und Dienstleistungen vor. Gleichzeitig ist das Get-Together eine ausgezeichnete Möglichkeit, sich zu vernetzen und branchenübergreifende Kooperationen zu vereinbaren. Das ist auch ein erklärtes Ziel der fusionierten Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH: Unternehmen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Technologie zusammenzubringen, den Austausch zu fördern und so den Standort Berlin zu stärken.
Im Mittelpunkt stand dieses Jahr das Leitmotiv „Referenzstadt Berlin – Produkte und Dienstleistungen aus und für Berlin“. Nach der Eröffnung durch Melanie Bähr, Geschäftsführerin der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, sprach Cornelia Yzer, Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung, die Keynote.
Melanie Bähr, Geschäftsführerin der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH: „Im Idealfall kommen Berliner Produkte und Dienstleitungen in Berlin zur Anwendung und beweisen die Stärke und Innovationskraft der Stadt. Als wachsender urbaner Raum ist Berlin prädestiniert, zukunftsweisende und intelligente Produkte und Lösungen zu entwickeln und auch hier zu zeigen, im Sinne eines Schaufensters oder einer „smart city“. So kann Berlin als Referenzstadt strahlen, wovon die Berliner Wirtschaft wiederum profitiert.“
Cornelia Yzer, Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung: „Die Technologiestärke Berlins lockt nationale und internationale Interessenten in die deutsche Hauptstadt. Berlin hat damit die einzigartige Chance, als Referenzstadt für Zukunftslösungen, ihr internationales Renommee und ihre Wirtschaftskraft auszubauen. Hier bei uns können wir zeigen, was Berliner Wirtschaft und Forschung leisten und warum sich Investitionen in die Zukunft bei uns lohnen.“
Während der gut besuchten Podiumsdiskussion fand ein reger Austausch zum Leitthema statt: Unter der Moderation von Gerd Appenzeller, Herausgeber Der Tagesspiegel, diskutierten Dr. Caroline King, Director International Government Relations bei der SAP AG, mit Dr. Frank Büchner, Leiter Region Ost und Leiter Sektor Energy Deutschland bei der Siemens AG, Alexander Jung, Generalbevollmächtigter Berlin bei der Vattenfall GmbH und Melanie Bähr, Geschäftsführerin der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH.
Weitere Informationen und Bildmaterial finden Sie unter: www.businesslocationcenter.de/businessday_2013
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