Arbeitnehmerfreizügigkeit tritt in Kraft
30.04.2011
Zuwanderung für Wirtschaftsstandort Brandenburg unverzichtbar
Minister sieht Arbeitnehmerfreizügigkeit auch als Beitrag zur Fachkräftesicherung
Presseinformation vom 29.04.2011 - auch hier zu lesen
Am 1. Mai 2011 tritt die Arbeitnehmerfreizügigkeit für Arbeitnehmer aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn auch in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. „Das begrüße ich ausdrücklich. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit trägt dazu bei, den kulturellen Austausch innerhalb Europas und die Integration zu fördern. Auch kann sie einen Beitrag zur Fachkräftesicherung im Land Brandenburg leisten", sagte Wirtschafts- und Europaminister Ralf Christoffers.
Er appellierte an den Bund, seine Zurückhaltung gegenüber der Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte aufzugeben: „Zuwanderung ist für den Wirtschaftsstandort Deutschland - und damit auch für Brandenburg - unverzichtbar. Gleichzeitig müssen die Bemühungen verstärkt werden, Arbeitslose so zu unterstützen und zu qualifizieren, dass sie dauerhaft in den Arbeitsmarkt integriert werden können."
Wichtig sei ihm dabei der Aspekt der „guten Arbeit", sagte Christoffers. Dies bedeute in erster Linie, Lohnuntergrenzen einzuführen. „Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz muss auf alle Branchen ausgeweitet und ein gesetzlicher Mindestlohn als allgemeine Untergrenze für alle eingeführt werden, die in Deutschland arbeiten", forderte der Minister.
Damit Brandenburg im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte bestehen kann, müssten neben guten Löhne auch attraktive Arbeitsbedingungen geboten werden. Mittelfristige Aufgabe der brandenburgischen Landespolitik sei es, „gemeinsam mit Sozialpartnern, Verbänden, Kammern und Kommunen die Bedingungen für einen gemeinsamen Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialraum zu schaffen, der deutschen und ausländischen Arbeitnehmern eine Zukunft hier in der Region gibt".
„Um einen mit der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit einhergehenden Druck auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land zu vermeiden, um Lohndumping zu verhindern und eine wirtschaftlich faire wie sozial gerechte Wettbewerbssituation zu schaffen, müssen soziale Mindeststandards ausgebaut werden", forderte Minister Christoffers.
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27.04.2011 - PE auch hier zu lesen
Arbeitnehmerfreizügigkeit: Brandenburgs und Polens Arbeitsmärkte wachsen zusammen | 49/2011
Mit Spannung wird die Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für Osteuropa erwartet. Ab dem 1. Mai können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Polen und sieben weiteren EU-Staaten ohne Beschränkungen in Deutschland arbeiten. Dann gilt auch für diese Staaten die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit. Arbeitsstaatssekretär Wolfgang Schroeder: „Wir freuen uns auf den 1. Mai. Die Arbeitsmärkte Brandenburgs und Polens werden zusammenwachsen. Für die märkische Wirtschaft und für die Menschen ist das eine große Chance.“ Gemeinsam mit Tomasz Gierczak, Vorstandsmitglied der Wojewodschaft Lubuskie, stellte er heute in Potsdam die Erwartungen beider Regionen zur Öffnung vor.
Gierczak: „Wir schauen dem 1. Mai mit großem Interesse entgegen und freuen uns, dass ein gemeinsamer grenzüberschreitender Wirtschafts- und Sozialraum an Oder und Neiße geschaffen wird. Das bietet Deutschen und Polen eine bessere Zukunftsperspektive. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit eröffnet neue Möglichkeiten. Politik und Sozialpartner stehen jetzt aber auch vor einer großen Aufgabe. Die Zusammenarbeit in der Arbeitsmarktpolitik in der lebuser-brandenburgischen Region ist notwendig, um den Herausforderungen zu begegnen. Wir wollen uns gegenseitig austauschen und unterstützen.“
Schroeder: „Rund 2.300 Menschen aus diesen EU-8-Staaten arbeiten bereits heute mit einer Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit in Brandenburg. Davon kommen fast 2.000 allein aus Polen. Wir gehen davon aus, dass es im Jahr 2015 insgesamt rund 9.000 Menschen sein werden. Das wären dann 1,2 Prozent aller Beschäftigten im Land. Das Problem des drohenden Fachkräftemangels werden wir mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht lösen.“ In Brandenburg leben heute insgesamt 9.800 Menschen, die aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik oder Ungarn kommen.
Schroeder: „Wer es auf sich nimmt, seine polnische Heimat wegen der Arbeit zu verlassen, der sucht sein Glück eher im Westen Deutschlands oder in anderen Regionen Europas. Brandenburg ist zwar schneller zu erreichen, aber bei uns verdienen die Menschen im Durchschnitt immer noch 23 Prozent weniger als in den westdeutschen Ländern. Das weiß man auch in Polen.“ Zudem habe Polen selbst eine große Nachfrage an Fachkräften.
Eine Befürchtung sei, dass die Nachbarn das Lohngefüge in Deutschland durcheinander bringen könnten. Denn nun dürfen beispielsweise in Polen ansässige Firmen ihre Mitarbeiter nach Deutschland entsenden und sie hier arbeiten lassen – zu polnischen Tariflöhnen. Etwas anderes gilt nur für die Branchen, in denen es nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz branchenspezifische Mindestlöhne gibt. Diese gelten für alle Arbeitnehmer.
Schroeder: „In vielen Branchen gibt es allerdings keinen derartigen Schutz, zum Beispiel im Gaststättengewerbe, in der Forst- oder der Fleischwirtschaft. Der Bund hat die siebenjährige Übergangszeit bis zum Eintritt der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht genutzt, um Dumpinglöhne wirksam zu vermeiden. Wir brauchen einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn und das Arbeitnehmerentsendegesetz muss endlich auf alle Branchen ausgeweitet werden. Dafür wird sich Brandenburg weiter einsetzen.“
Seit dem Herbst 2010 bereiten sich die Wojewodschaft Lubuskie und Brandenburg in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe auf die Umsetzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Herausbildung eines gemeinsamen deutsch-polnischen Arbeitsmarktes vor. Es geht vor allem darum, den Fachkräftebedarf beider Regionen miteinander abzustimmen. Schroeder: „Wir wollen uns nicht gegenseitig Fachkräfte abwerben, sondern uns austauschen und den gemeinsamen Arbeitsmarkt entwickeln. In Zukunft werden auch mehr Brandenburgerinnen und Brandenburger in Polen arbeiten.“