TSB-Studie zum Technologiestransfer in Berlin
18.07.2011
TSB-Studie zum Technologiestransfer in Berlin
Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft am liebsten über Köpfe
In der Senatswirtschaftsverwaltung wurde am heutigen Montag eine neue Studie der TSB Technologiestiftung Berlin zum Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft vorgestellt. Danach kooperieren in Berlin 80 Prozent der Wissenschaftler von Fachhochschulen mit Unternehmen. Umgekehrt geben rund 50 Prozent der Firmen an, dass sie mit Hochschulen zusammenarbeiten. An der Spitze der Transferformate steht der Transfer über Köpfe, nämlich der Personalaustausch auf studentischer Ebene: Die Hochschulen suchen Praktika-Plätze für ihre Studenten und Praxis-Themen für Abschlußarbeiten. Die Firmen ihrerseits sind in erster Linie an frischen und aufgeweckten Fachkräften interessiert. Auf Platz 2 der Motive kommt aber schon die „Erweiterung der FuE-Kapazitäten", gefolgt von der „Erschließung neuer Innovationspotenziale".
Weitere besondere Ergebnisse der Studie, die Christian Hammel von TSB als Herausgeber hervorhob: Knapp die Hälfte der Absolventen bleibt nach dem Studium in der Region und findet hier einen Arbeitsplatz. 14 Prozent der Absolventen machen sich selbstständig, ein recht hoher Anteil.
Bei der Studie handelt es sich allerdings um eine Partial-Sicht: Befragt wurden lediglich drei technische Fachhochschulen auf wissenschaftlicher Seite (Beuth, HTW, Wildau).
Zur Ermittlung der Sichtweise der Wirtschaft wurden (S.118 der Studie) insgesamt 3.220 Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe, den technischen und wirtschaftlichen Dienstleistungen sowie den Bereichen Energie- und Wasserversorgung, Verkehr, Nachrichtenübermittlung und Bau angeschrieben. In Fußnote 18 heißt es: "Angeschrieben wurden Unternehmen aus dem Adressdatenbestand der TSB Technologiestiftung Berlin und der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH. Dieser wurde ergänzt und abgeglichen mit Daten einer kommerziellen Unternehmensdatenbank". Es antworteten 292 Unternehmen, was einer Rücklaufquote von 9,1 Prozent entspricht.
Zur Firmenauswähl erläutert Dr. Hammel gegenüber InnoMonitor zusätzlich:
"Befragt wurden technologieorientierte Unternehmen und zwar gerade nicht (!) in Abhängigkeit irgendwelcher Clusterzuordnungen. Von denen, die geantwortet haben, haben 70% erklärt, dass sie sich einem Cluster zugehörig fühlen, der Rest gehörte keinem Cluster an (sondern u.a. den weiteren Industriebranchen des verarbeitenden Gewerbes, der Bauindustrie, der Versorgung, technische Dienstleistungen,...). (Details: S. 119 und 120). Es wurden auch keineswegs nur TSB-Kunden befragt. Der Adressbestand der TSB wurde vielmehr aus einer öffentlich zugänglichen Datenbank (Markus) aufgefüllt, um die Repräsentativität sicherzustellen."
Erstellt wurde die Studie von der TSB-Mitarbeiterin Gesa Koglin. Sie ist unter dem Titel „Wie neues Wissen in die Wirtschaft kommt" im Regioverlag Berlin erschienen.
Zu den Empfehlungen der Studie zählt unter anderem, die Sichtbarkeit der Unternehmen in den Hochschulen zu erhöhen und vice versa die Expertise der Hochschulen für die Unternehmen erkennbarer zu machen. Bei der Gründerförderung wird eine Verstetigung des schon vorhandenen Serviceangebotes empfohlen.
Auch Wirtschaftssenator sprach von einer „gewissen Unübersichtlichkeit" im Transferbereich. Dies habe seinen Grund in der großen Zahl wissenschaftlicher Einrichtungen und der kleinteiligen Wirtschaftsstruktur in Berlin. Immerhin sei die „Transfer-Allianz" ins Leben gerufen worden, unter anderem mit dem Ziel, die „Transparenz zu erhöhen". Namentlich erwähnte der Senator in diesem Zusammenhang die Internet-Plattform „Transfer-Cafe" der TSB, obwohl diese im Berliner Transfergeschäft faktisch keine Rolle spielt. Insgesamt wertete Wolf die Befunde der Studie dahin, das man in Berlin über „solide Strukturen der Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft" verfügen. Die eingeschlagene Clusterstrategie sei richtig.
Auf die Frage von InnoMonitor, warum Berlin trotz des Clusters Gesundheitswirtschaft nunmehr zum zweiten Mal beim Spitzencluster-Wettbewerb des BMBF (mit der Chance auf 40 Mio Euro) gescheitert ist, erwiderte Wolf, diesen Sachverhalt noch nicht mit Cluster-Sprecher Stock erörtert zu haben. Der transfer-orientierte Kontakt mit der Industrie müsse in Berlin weiter intensiviert werden. Deshalb finde in dieser Woche auch eine Veranstaltung zur Förderung der Kooperation von Biotech-Firmen mit dem Pharma-Hersteller Bayer-Schering statt. Zur Innovationspolitik erklärte Wolf, dass mit der Zusammenführung von TSB und Berlin Partner realistischerweise erst nach der Abgeordnetenhauswahl begonnen werden könne. Ursprünglich wollte der Links-Politiker die Fusion noch in dieser Legislatur einleiten. Sollte er sein Amt fortsetzen könne, werde er dieses Thema auf die Agenda setzen, kündigte Wolf an.
Nicht beantwortet werden konnte in der PK die Frage von InnoMonitor nach den Unterschieden zum Verbleib von FH-Absolventen und Uni-Absolventen in der Region. Die TU Berlin hatte in der Woche vorher gemeldet, dass 65 Prozent ihrer Absolventen nach dem Studium in Berlin bleiben und 6 Prozent nach Brandenburg gehen, mithin 71 Prozent der Region erhalten bleiben. Sehr viel mehr als die 50 Prozent FH-Absolventen. Die TU-Daten waren den TSB-Autoren indes nicht bekannt. (mehr hier: TU-Pressemitteilung vom 14.7.2011: 65 Prozent derjenigen, die im Jahr 2008 ihr Studium an der TU Berlin abschlossen, nahmen ihre erste Beschäftigung in Berlin auf).
Manfred Ronzheimer für InnoMonitor Berlin-Brandenburg
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http://www.berlin.de/sen/wtf/presse/archiv/20110718.1100.351533.html
TSB-Studie gelegt Bedeutung des Technologietransfers für Berliner Wirtschaft: Wie neues Wissen in die Wirtschaft kommt
Pressemitteilung
Berlin, den 18.07.2011
Kooperationen zwischen Hochschulen und technologieorientierten Unternehmen sind in der Region Berlin-Brandenburg an der Tagesordnung. Dies belegt die TSB-Studie „Wie neues Wissen in die Wirtschaft kommt".
Danach arbeiten rund 80 Prozent der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer mit Wirtschaftsunternehmen zusammen. Die bevorzugten Partner der Hochschullehrer sind kleine und mittelständische Unternehmen. Bei den Unternehmen sind es rund 50 Prozent, die mit Wissenschaftseinrichtungen kooperieren. Rund ein Drittel arbeitet ausschließlich mit Hochschulen in der Region zusammen. Dies zeigt, dass die Wissenschaftler in ein intaktes Forschungsnetzwerk mit Unternehmen vor Ort eingebunden sind und viele Unternehmen das regionale, wissenschaftliche Potential bereits für sich erschlossen haben.
Die Studie identifiziert aber noch unerschlossenen Ressourcen, so gaben 70 Prozent aller befragten Unternehmen an, Kooperationen künftig aus- oder aufbauen zu wollen.
Harald Wolf, Bürgermeister und Senator für Wirtschaft, Technologie und Frauen:
„Die Ergebnisse der Studie belegen, wie wichtig es ist, die Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft mit niedrigschwelligen Förderprojekten wie dem TransferBonus weiter voranzutreiben. Darüber hinaus bestätigen die Ergebnisse die bisherige Wirtschaftspolitik des Landes, die sich auf ausgewählte Wachstumsbranchen, die sogenannten Zukunftsfelder/Cluster konzentriert. So dokumentiert die Studie, dass sich die Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft vor allem diesen Bereichen zuordnen lassen und hier an Innovationen gearbeitet wird."
Dr. Christian Hammel, Leiter des Bereiches Technologie und Innovation bei der TSB Technologiestiftung Berlin:
„Die Studie zeigt, dass das Interesse an Technologie bei Wissenschaft und Wirtschaft durchaus unterschiedlich ist. Während die Hochschullehrer vor allem schätzen, dass sie ihre Lehre und Forschung praxisorientierter gestalten können, sind die Unternehmen an der Gewinnung von Fachkräften und der Erweiterung ihrer eigenen Forschungskapazitäten interessiert. Diese Ergebnisse geben wichtige Hinweise darauf, wie der Technologietransfer noch mehr auf die Bedürfnisse der Beteiligten zugeschnitten und noch erfolgreicher gestaltet werden kann."
Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für das Zustandekommen von Kooperationen sind persönliche Kontakte. Hier sollten nach Ansicht der TSB weitere Anstrengungen unternommen werden, die Anzahl der Erstkontakte zwischen Wissenschaftlern und Mitarbeitern von Unternehmen zu erhöhen. Besonders fachspezifische Netzwerkveranstaltungen, wie sie beispielsweise bereits von der TSB organisiert werden, bieten sich hier an.
Bislang beginnen rund 50 Prozent der Absolventen ihre Berufslaufbahn in der Region, während die andere Hälfte abwandert. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist dies ein wesentlicher Standortvorteil für den Wirtschaftsraum. Um dieses Zukunftspotenzial bei der Gewinnung von Fachkräften stärker nutzen zu können, empfiehlt die TSB den regionalen Unternehmen, ihre Sichtbarkeit und Bekanntheit an den Hochschulen zu verbessern.
Ein Aspekt, dem nach Ansicht der TSB bislang noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, ist das hohe Gründungspotenzial aus Hochschulen. 14 Prozent der Absolventen, und damit ein durchaus relevanter Teil der Hochschulabgänger, machen sich nach dem Studium selbständig. Der größte Teil hiervon tut dies in der Region und schafft damit vor Ort Arbeitsplätze und Wertschöpfung.
Die empirische Studie basiert auf zwei Umfragen, die unter den Hochschullehrkräften ausgewählter Fachhochschulen und regionalen Unternehmen durchgeführt wurde. Autorin der Studie ist die TSB-Mitarbeiterin Dr. Gesa Koglin.
Die Studie ist in der der TSB-Schriftenreihe zu Technologie und Innovation erschienen. Sie kostet 20 Euro und kann beim Regioverlag bestellt werden: info@regioverlag.de