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Bericht des Landesrechnungshofs Berlin 2012

01.06.2012

 

Kritik an IT-Projekten, EFRE-Management, Lehrer-Gehältern und Humboldt-Universität

Der Rechnungshof von Berlin hat gestern, am 31.5.2012, seinen Jahresbericht 2012 in einer Pressekonferenz mit RH-Präsidentin Marion Claßen-Beblo vorgestellt. Der Bericht geht an das Abgeordnetenhaus, der Senat wird unterrichtet. Senatsverwaltungen müssen zu einzelnen Beanstandungen Stellung nehmen.

In der Pressemitteilung heißt es:

„Der Rechnungshof moniert unnütze Geldausgaben sowie ineffektives oder nicht korrektes Verwaltungshandeln. Zugleich wirkt er mit seinen Hinweisen und Empfehlungen aktiv auf Verbesserungen hin. Die Beanstandungen im Jahresbericht 2012 summieren sich, soweit konkret bezifferbar, auf insgesamt über 90 Mio. €. Darunter sind auch Einsparpotenziale in Millionenhöhe." (1)

 

(1) http://www.berlin.de/imperia/md/content/rechnungshof2/pressemitteilung_zum_jb_2012.pdf?start&ts=1338359702&file=pressemitteilung_zum_jb_2012.pdf

Im  Bericht werden auch Themen aus Wissenschaft und Technologie angeschnitten. (2)

 

(2)  Bericht im Volltext zum Download

http://www.berlin.de/imperia/md/content/rechnungshof2/jahresbericht_2012.pdf?start&ts=1338359557&file=jahresbericht_2012.pdf

 

Es handelt sich dabei um die Prüfung „Einstein Stiftung Berlin"  (S. 12), um Schwerwiegende Versäumnisse bei der Durchführung des IT-Projekts MODESTA (Modernisierung der Staatsanwaltschaften) (S. 87), um unangemessen hohe übertarifliche Zahlungen an Lehrkräfte (S. 93), um grundlegende Mängel bei der Kooperation der Humboldt-Universität zu Berlin mit einem An-Institut (S. 97) sowie um finanzielle Nachteile durch Verzögerungen beim Aufbau des Verwaltungs- und Kontrollsystems für EU-Mittel (S. 130).

InnoMonitor wird auf die Beanstandungen und ihre Hintergründe im Einzelnen zurückkommen. Fürs Erste dokumentieren wir im Folgenden die entsprechenden Passagen aus der gestrigen Pressemitteilung des Rechnungshofes.

 

 IT-Projekte sorgfältig planen und steuern

Einer sachgerechten Unterstützung der Verwaltungsaufgaben durch IT kommt immer größere Bedeutung zu. IT-Projekte stellen jedoch eine große Herausforderung dar, die in ihrer Komplexität von der Verwaltung häufig unterschätzt wird. Der Jahresbericht enthält zwei Beispiele, wie durch Mängel bei der Planung und Durchführung von IT-Projekten dem Land Berlin erhebliche finanzielle Nachteile entstanden sind.

Gescheitertes IT-Projekt zur Modernisierung der Staatsanwaltschaften (MODESTA)

Ein für die Modernisierung des IT-Einsatzes in den Strafverfolgungsbehörden geplantes Projekt ist gescheitert. Die für Justiz zuständige Senatsverwaltung und die Generalstaatsanwaltschaft hatten zu lange an dem von ihnen als „alternativlos" angesehenen Projekt festgehalten, obwohl ein früherer Abbruch des Projekts nahegelegen hätte. So ist es in einem Zeitraum von sieben Jahren immer wieder zu Verzögerungen gekommen, und das beauftragte Unternehmen hat wiederholt nur sehr mangelhafte Leistungen erbracht. Aber auch den beteiligten Behörden sind grundlegende Fehler unterlaufen. So fehlten insbesondere eine fundierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und ein sachgerechtes Vertragscontrolling. Ungeachtet der bestehenden Probleme wurden Anschlussaufträge mit funktionalen Erweiterungen erteilt und verfrüht Lizenzen erworben. Bis zum Abbruch sind Kosten von insgesamt 8,5 Mio. € entstanden. Wäre das Projekt rechtzeitig abgebrochen worden, hätten sie zumindest in Höhe von 3,5 Mio. € vermieden werden können (T 140 bis 149).

Verzögerungen beim Aufbau des IT-Begleitsystems für EU-Mittel

In der Förderperiode 2007 bis 2013 stehen zur anteiligen Finanzierung der mit der EU abgestimmten Wirtschaftsfördermaßnahmen insgesamt 875,6 Mio. € aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Haushalt der EU für Berlin bereit. Die entsprechenden Ausgaben Berlins werden von der Europäischen Kommission grundsätzlich nicht vorfinanziert, sondern erst auf Antrag erstattet. Ausgenommen hiervon ist ein einmalig für die Förderperiode bereitgestellter Vorschuss in Höhe von 65,7 Mio. €.

Voraussetzung für die Erstattungszahlungen ist u. a. das Vorhandensein eines wirksamen Verwaltungs- und Kontrollsystems für den EFRE. Die für Wirtschaft zuständige Senatsverwaltung hat die von der Europäischen Kommission hierfür festgelegten Anforderungen jedoch nicht rechtzeitig erfüllt. Die Verzögerungen waren vor allem auf konzeptionelle Mängel bei der Entwicklung des nach den Vorgaben der EU erforderlichen IT-Begleitsystems und dessen verspätete Fertigstellung zurückzuführen. So wurden u. a. der Betrieb des IT-Verfahrens verspätet ausgeschrieben, das IT-Projekt nicht nach dem Projektmanagementhandbuch der Berliner Verwaltung durchgeführt und die Migration der Altdaten unzureichend geplant und umgesetzt. Infolgedessen hat Berlin für die Förderperiode 2007 bis 2013 bis zum November 2010 keine Erstattung aus dem Fonds erhalten.

Der o. g. Vorschuss der EU reichte bereits vom 4. Quartal 2008 an nicht mehr aus, um die geleisteten Auszahlungen zu decken. Ab diesem Zeitpunkt war das Land Berlin gezwungen, in die Vorfinanzierung zu gehen. Hieraus resultiert ein Zinsnachteil in Höhe von mindestens 6,3 Mio. € (T 229 bis 242).

Unangemessen hohe übertarifliche Zahlung an Lehrkräfte

Seit dem 1. August 2009 erhalten grundsätzlich alle angestellten Lehrkräfte übertariflich eine Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen ihrer persönlichen Stufe und der Entwicklungsstufe 5 (Endstufe). Diese vom Senat beschlossene Regelung gilt bis zum 31. Juli 2013 und hat allein im Jahr 2010 zu zusätzlichen Ausgaben von über 24 Mio. € geführt. Mit den übertariflichen Zahlungen erhöht sich das Bruttoeinkommen der Lehrer um monatlich bis zu 1 200 €. Begründet wird die Regelung mit Schwierigkeiten, den Bedarf an Lehrkräften für den Berliner Schuldienst zu decken und die Abwanderung ausgebildeter Lehrkräften in andere Bundesländer wegen dort vorhandener besserer Konditionen zu verhindern. Hintergrund war ein Beschluss des Senats im Jahr 2004, neu eingestellte Lehrkräfte nicht mehr zu verbeamten.

Ein Vergleich mit Einkommen von angestellten Lehrkräften in anderen Bundesländern zeigt hingegen, dass Einkommensunterschiede mit den übertariflichen Zahlungen nicht nur ausgeglichen, sondern weit überkompensiert werden. Je nach Alter und Familienstand kann das Nettogehalt angestellter Berliner Lehrkräfte sogar die Besoldung der verbeamteten Lehrkräfte übertreffen. Der Rechnungshof beanstandet, dass der Senat diese tarifwidrige Regelung mit außergewöhnlich hohem Finanzvolumen beschlossen hat, ohne deren Notwendigkeit und Angemessenheit ausreichend geprüft und schlüssig nachgewiesen zu haben. Er hat es insbesondere versäumt, gezielte Anreize für einen begrenzten Personenkreis und mit erheblich niedrigerem Aufwand zu untersuchen (T 150 bis 156).

Außerdem macht der Rechnungshof die folgende Aussage zum Investitionsverhalten des Senats:

„Bei Investitionen an die Zukunft denken

Der Senat beabsichtigt - als Ausdruck seiner Konsolidierungspolitik - das ohnehin niedrige Investitionsniveau in den kommenden Jahren weiter abzusenken. Der Rechnungshof hält diese Entwicklung für bedenklich. Ungeachtet dessen gilt es, bei der Planung von Investitionen die entstehenden Folgekosten stärker als bisher in den Blick zu nehmen. Angesichts knapper Mittel ist es insbesondere bei Bauvorhaben geboten, Planungen mit dem Ziel eines wirtschaftlichen Gebäudebetriebes zu optimieren. Zudem ist rechtzeitig für eine hinreichende Finanzierung der in der Nutzungsphase anfallenden Kosten zu sorgen. Die Prüfungsergebnisse des Rechnungshofs weisen hier auf Versäumnisse hin."

 

http://www.berlin.de/rechnungshof/veroeffentlichungen/index.html

 

 

 

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