Von Frankfurt nach Berlin
06.11.2009
Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden der Investitionsbank Berlin (IBB), Ulrich Kissing
Der Verwaltungsrat der IBB hat Ulrich Kissing (52) zum neuen Vorsitzenden des Vorstands bestellt. Er tritt die Nachfolge von Dieter Puchta an, der unser Haus zum 31. August verlassen hat. Wir sprachen mit dem neuen Vorstandsvorsitzenden über Ziele, Erwartungen und Wünsche.
Herr Kissing, Sie sind jetzt seit sechs Wochen Vorstandsvorsitzender der IBB. Wie ist Ihr erster Eindruck?
Noch immer herrscht das Gefühl der freundlichen Aufnahme hier in der IBB vor. Der Eindruck, wie man empfangen wird, ist ja schon sehr wichtig und nachhaltig.
Haben Sie sich denn schon eingelebt, und wie beginnen Sie Ihren Arbeitstag?
Eingelebt natürlich noch nicht, das wäre etwas viel verlangt. Ein typischer Arbeitstag beginnt bei mir relativ früh. Ich genieße es, nachdem ich einen Blick auf die Börse und die Tagespresse geworfen habe, noch eine ruhigere Stunde zu haben, um die Themen des Tages zu sortieren, bevor es dann richtig losgeht. Zwischendurch werfe ich gern auch mal einen Blick auf die Stadt. Das IBB-Gebäude ist zwar nicht so hoch wie die Frankfurter Bankentürme, da es aber so frei steht, bietet sich schon eine tolle Perspektive auf Berlin, eine faszinierende Stadt, die ich mir von hier aus nach und nach erschließen möchte.
Was sehen Sie denn, wenn Sie aus dem Fenster blicken? Bietet Berlin auch wirtschaftliche Perspektiven?
Da die IBB in der westlichen Innenstadt steht und mein Blick nach Süden und Osten geht, sehe ich vordergründig Wohnungen und die Dienstleistungs- und Handelszentren am Potsdamer Platz. Aber die Industrie ist ja auch andernorts eher am Stadtrand. Wir alle wissen, dass Berlin mehr Industrie benötigt, um Beschäftigung und nachhaltiges Wachstum zu generieren. Deshalb sehe ich es als meine vorrangige Aufgabe, mit der IBB die Industrie, aber auch die anderen Wachstumsfelder der Stadt zu unterstützen. Als Bank mit einem nachhaltigen Förderauftrag benötigen wir neben einem soliden Bilanz- und Risikomanagement eine klare Ausrichtung auf die Bedürfnisse unsere Kunden in Berlin. Im Rahmen des Kapitalmanagements ist aber jetzt schon klar, dass die IBB einen größeren Anteil des darlehenbasierten Fördergeschäftes vertragen kann.
Zurück zum Fenster: Hin und wieder sehe ich natürlich auch ein Flugzeug auf dem Weg nach Osten, das dann meistens aus Frankfurt kommt. Und dann denke ich an die verpassten Chancen Berlins durch die späte Flughafenentscheidung. Aber das geht ja jetzt auch dank unserer Finanzierungsbeteiligung zügig voran. Und verpasst ist nicht vergeben. Berlin wird durch diese erhebliche zukunftsgerichtete Investition in seine Infrastruktur auch wirtschaftlich interessanter. Hiervon profitieren sowohl die bestehenden Unternehmen wie auch industrielle Neuansiedlungen in traditionellen und neuen Bereichen wie der Informations- und Kommunikationstechnologie,dem Gesundheitssektor oder der Kreativwirtschaft.
Themenwechsel: Mittelstandsförderung - für Sie noch ein Fremdwort?
Ganz und gar nicht. Ich entstamme einer westfälischen mittelständischen Unternehmerfamilie. Insofern habe ich das mittelständische Denken, die unternehmerische Verantwortung und die damit einhergehenden Risiken unmittelbar erlebt. Ich bin dann zwar nach dem Studium bewusst zur Deutschen Bank und damit einem internationalen Großkonzern gegangen, habe aber die Verbindung zur mittelständischen Wirtschaft schon aus familiären Gründen nicht verloren. Auch meine persönliche Werteskala, bei der die Begriffe Vertrauen, Verbindlichkeit und Wertigkeit ganz oben stehen, resultiert wohl zu einem großen Teil aus dieser familiären Prägung. Bei der Deutschen Bank habe ich darüber hinaus sehr hautnah erlebt, wie schwierig es ist, Vertrauen zurück zu gewinnen, wenn dieses erst einmal erschüttert wurde. Und dieses Problem hat derzeit ja die gesamte Finanzbranche. Die IBB als Förderbank steht da zum Glück viel besser da. Auch dafür werde ich mich einsetzen, dass das so bleibt!
Berlin ist Ihr Arbeitsplatz - wird es auch zu Ihrem Lebensmittelpunkt werden?
Geplant ist das schon. Momentan lebe ich zwar noch im Hotel und pendele am Wochenende zu meiner Familie nach Frankfurt. Das wird auch leider noch eine Weile so bleiben. Ich freue mich, im kommenden Frühjahr mit meiner ganzen Familie nach Berlin zu ziehen. Ich bin mir sicher, dass ich mich dann in Berlin richtig zuhause fühlen werde. Dass die Stadt eine Strahlkraft in die Republik hat, merke ich auch daran, dass sich bereits jetzt viele Freunde für einen Besuch angekündigt haben.
Quelle: IBBnews Ausgabe Oktober 2009 (PDF/476KB)
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