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Elektromobilität in Berlin – von der Vision ins Praxislabor

13.12.2009

 

 

 

Elektromobilität in Berlin - von der Vision ins Praxislabor

 

Quelle: Berliner Wirtschaftsgespräche - auch hier zu lesen

 


Autoforum 4: Elektromobilität in Berlin - von der Vision ins Praxislabor am 12. November 2009

Deutschland hat den Anspruch, Leitmarkt für Elektromobilität zu werden und Berlin ist das Testfeld mit internationaler Aufmerksamkeit. Im Sommer dieses Jahres starteten die ersten der erste Feldtest in der Bundeshauptstadt zur Erprobung von Batterie- und Fahrzeugtechnik, Infrastruktur und Nutzerverhalten. Gleichzeitig hat der Verbund der Städte Berlin und Potsdam ein Konzept für eine integrierte Modellregion Elektromobilität entwickelt, dessen Umsetzung mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums im Herbst 2009 begann.

Die Elektromobilität steht mitten in ihrer ersten großen Bewährungsprobe; es werden nun die „Pflöcke" eingeschlagen, die entscheidend zum langfristigen Erfolg der Vision beitragen. TSB-FAV und BWG e. V. laden für das „Autoforum 4" Experten der Stromversorger, der Wissenschaft und der Verwaltung, die ersten Erfahrungen in den Berliner Feldtests und die daraus abgeleiteten "Lessons learned" zu diskutieren.

Darüber hinaus soll der Blick auf die nächsten Schritte gerichtet werden, die notwendig sind, die nachhaltige Einführung der Elektromobilität im größeren Maßstab zu betreiben. Dazu gehört insbesondere der übergreifende Ansatz der Modellregionen, von denen acht vom BMVBS zur Umsetzung ausgewählt wurden. Berlin-Potsdam ist eine der Modellregionen, die bis Ende 2011 die Möglichkeit haben, Elektrofahrzeuge mit neuen Betreiberkonzepte und eingebettet in die Leitlinien integrierter Stadtentwicklungspolitik zu erproben.

Im Anschluss an das Expertengespräch laden wir herzlich ein zu einem kleinen Imbiss.

Termin:12. November 2009, ab 19.00 Uhr

Ort:
Deutsche Kreditbank
Taubenstr.7-9
10117 Berlin

 

http://www.fav.de/Ser_03_Veranst.html#NOVEMBER

 

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Umwelt- und Klimawandel rücken immer mehr in die Wahrnehmung der Gesellschaft. Politik und Wirtschaft versuchen, den Klimawandel zu verlangsamen und somit auch den Verbrauch der fossilen Brennstoffe zu reduzieren. Deutschland hat den Anspruch, Leitmarkt für Elektromobilität zu werden und Berlin ist derzeit das Testgebiet, das internationale Aufmerksamkeit erregt. Im Sommer dieses Jahres starteten die ersten Feldtests in der Bundeshauptstadt zur Erprobung von Batterie- und Fahrzeugtechnik, Infrastruktur und Nutzerverhalten. Gleichzeitig hat der Verbund der Städte Berlin und Potsdam ein Konzept für eine integrierte Modellregion Elektromobilität entwickelt, dessen Umsetzung mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums im Herbst 2009 begann.

Eher noch am Anfang stehen die Überlegungen, Elektroautos als verteilte Energiespeicher einzusetzen, die zum Netzmanagement der Stromversorger beitragen. Mit dem einsetzenden Rücklauf von Testerfahrungen erhalten Stromnetzbetreiber, Fahrzeughersteller, Zulieferer, Mobilitätsdienstleister und vor allem auch die gestaltende Politik und Verwaltung wichtige Hinweise für Beseitigung und Vermeidung technischer Probleme sowie die verbesserte Ausrichtung neuer Mobilitätskonzepte an die Erfordernisse der Endnutzer.

 

 Erste Erfahrungen liegen nun aus den Feldtests vor, die das Zusammenspiel von Speichertechnik und Ladeinfrastruktur beleuchten, die Bewährung der neuen Batterietechnologien unter Alltagsbedingungen hinterfragen und das Verhalten der Fahrzeugnutzer unter veränderten Einsatzparametern wie z. B. begrenzter Reichweite wissenschaftlich erfassen. Doch woher stammt die Energie, die die Elektrofahrzeuge der Zukunft antreiben wird? Welche Bedeutung spielen hier die regenerativen Energien und wie geht die Entwicklung jetzt weiter, da es weltweit unterschiedliche Ansätze gibt. Welche Rolle spielt hierbei die öffentliche Hand?

Diese und weitere Fragen stellte der Geschäftsführende Vorstand der Berliner Wirtschaftsgespräche Dr. Rudolf Steinke bereits bei der Begrüßung dem hochkarätigen Podium. Moderiert wurde die Veranstaltung von Thomas Meißner, Leiter der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH  und des Forschungs- und Anwendungsverbundes Verkehrssystemtechnik (FAV) Berlin. Die Entwicklung der letzten Monate ist der Beweggrund gewesen, das 4. Autoforum zu veranstalten, da bereits Elektrofahrzeuge auf Berlins Straßen unterwegs sind und die Ladeinfrastruktur von großen Stromanbietern auch im Stadtbild in Form der Ladesäulen wahrgenommen wird.

Der nationale Entwicklungsplan sieht vor, dass bis 2020 1 Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sein sollen. Dazu kommt das Konjunkturpaket 2, in dem die Förderung der Elektromobilität mit insgesamt 500 Millionen Euro vorgesehen ist. Das alles bringt viel Bewegung in die Branche. Neue Allianzen zwischen Stromanbietern und Automobilherstellern bieten Chancen für Berlin als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort. Doch hat die Elektromobilität bereits das Laborstadium erreicht und wie sehen die Erfahrungen aus der Praxis aus? Neben Frau Professor Lenz, Leiterin des Instituts für Verkehrsforschung Personenverkehr und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V, konnte Herr Meißner ebenfalls Herrn Dr. Armin J. Gaul, Leiter Asset Management Prozesse und Werkzeuge der RWE Energy AG, begrüßen. Des Weiteren nahm Dr. Oliver Weinmann, Leiter Innovationsmanagement bei Vattenfall Europe AG an der Diskussion teil. Das Podium wurde komplettiert durch Dr. Friedemann Kunst, Leiter der Abteilung Verkehr der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Zu Beginn bat Herr Meißner das Podium, von den Erkenntnissen und dem derzeitigen Stand der einzelnen Modellvorhaben zu berichten, um einen ersten Überblick zu bekommen. Professorin Lenz berichtete vom Modellvorhaben, in dem die Unternehmen EON und Volkswagen  zusammenarbeiten. Das Projekt startete 2008 und die Elektrofahrzeuge sind gerade in der Entwicklung. 2010 werden die ersten Hybridfahrzeuge, so geplant, auf deutschen Straßen fahren. Eine maßgebliche Frage, mit der sich ihr Institut dann beschäftigen wird, ist allerdings, ob es ein Autotyp sein wird, den der Benutzer haben will und gerne nutzt.

Dr. Gaul ist bei RWE unter anderem verantwortlich für die intelligente Ladesäule. Die Allianz zwischen RWE und der Daimler AG ist nach seiner Auffassung durch eine stete Veränderung geprägt und führt zur Entwicklung beider Partner. Neben dem Elektroauto, das zeitnah auf die Straße kommen wird, ist nach seiner Auffassung vor allem die vorhandene Infrastruktur der Ladesäulen für die Akzeptanz der Nutzer wichtig. Somit haben sich bereits jetzt Fragen herauskristallisiert, die das Modellvorhaben maßgeblich prägen werden. Wie könnte die Handhabung der Säule aussehen, so dass der Kunde zufrieden ist? Welche Ladeleistung muss die Ladesäule erbringen, so dass ein schnelles und kundengerechtes Aufladen gewährleistet ist. Die Vernetzung der Ladesäulen ist dabei eine große Herausforderung.

 Der Kundennutzen der neuen Elektrofahrzeuge ist auch für Dr. Kunst ein wichtiger Aspekt. Er sieht insbesondere die Sicherung der Mobilität in den Metropolen als erforderlich und wirft somit die Frage auf, wie die Nutzer von Elektrofahrzeugen diese in ihr persönliches Mobilitätskonzept integrieren werden. Die Aufgabe der Modellregion Berlin und Potsdam wird hier unter anderem sein, nicht nur die Nutzung von Elektrofahrzeugen für den Personenverkehr, sondern auch für Güterverkehr und für Mobilitätsdienstleistungen zu untersuchen. Er sieht daher die Aufgabe des Senats vor allem darin, die Basis bzw. einen Rahmen für die kommenden Veränderungen zu schaffen und nicht unbedingt Erfahrungen aufzubauen. Ziel ist es, Elektromobilität als Mobilitätsthema zu erfassen und zu ergründen inwieweit ein bestimmtes Nutzerverhalten im Verkehr herbeigeführt werden kann.

Das Projekt von Vattenfall und BMW, so wie Dr. Weinmann berichtete, sei schon stark vorangekommen und es gebe auch bereits erste Erfahrungen. Derzeitig fahren 50 Elektro-Minis in Berlin, deren Benutzer mit dem Fahrzeug sehr zufrieden sind. 150-200 km können die Minis fahren und müssen dann für 3 Stunden an die Ladesäule zum „Nachtanken". Die Erfahrungen der Benutzer seien nach seiner Auffassung für die weitere Entwicklung unabdingbar. So haben bereits die ersten Erkenntnisse dazu geführt, dass Ladebarrieren bestehen und vor allem das Fahren mit dem Elektrofahrzeug Spaß machen muss, um den Benutzer und den zukünftigen Kunden zufrieden zu stellen. Das gewährleistet der E-Mini. Weitere Erkenntnisse werden im Winter erwartet, da dann 40 E-Minis neue Nutzer bekommen. Für Herrn Weinmann sind Elektrofahrzeuge, wie die E-Minis, intelligente Systeme für die Stromspeicherung. Diese ist insbesondere interessant für Stromanbieter. Somit ist die Initiative von Vattenfall im Bereich der Elektromobilität eine Geschäftsfeldentwicklung, zumal auch in der Zukunft durch die Nutzung von Elektrofahrzeugen nie eine Stromknappheit in Deutschland entstehen wird.

 

Herr Meißner fragte anschließend, welche Erkenntnisse es seitens der Verkehrsforschung über die Erwartungen der Nutzer von Elektrofahrzeugen gebe. „Viel wissen wir darüber noch nicht, da die Stückzahlen noch sehr klein sind", berichtete Frau Lenz. Somit sei die Akzeptanz des Kunden noch vollkommen unbekannt. Die Frage, wie Menschen das Elektrofahrzeug erleben, sei daher eine Frage für die anwendungsorientierte Forschung. Der Versuch mit Volkswagen ginge daher auch über ein Jahr, um in einer längeren Zeitspanne Erkenntnisse zu sammeln.

 

Die Chancen und Herausforderungen solcher Allianzen sieht Dr. Gaul insbesondere in dem gemeinsamen Lernpotential. Welches Nutzerverhalten kann dabei für die Wirtschaft interessant sein? Und wie erreichen wir dieses Nutzerverhalten? Das Drehmoment des Elektromotors sei für die Stadt ideal. Dr. Gauls Fazit: „ Am Ende brauchen wir ein Produkt, womit der Kunde was anfangen kann."

 

Neben der noch nicht bekannten Nutzung sieht Dr. Kunst auch noch ein Problem in der Nutzung des öffentlichen Raumes hinsichtlich der Ladeinfrastruktur. Einerseits gibt es ein rechtliches Problem, an dem Land und Bund gemeinsam arbeiten müssen, um einen rechtlichen Rahmen für die flächendeckende Präsenz von Ladesäulen zu schaffen. Diese Präsenz schafft allerdings ein neues Problem: das Aussehen der Ladesäulen im Stadtbild in Einklang mit dem Denkmalschutz zu bringen. Dr. Kunst sieht hier eine große Herausforderung auf die Städteplanung der Zukunft zukommen.

 

Herr Meißner erkundigte sich danach bei Dr. Weinmann, wie denn die Erfahrungen mit den öffentlichen Ladesäulen bis jetzt seien, deren starke Präsenz, wie Dr. Kunst gerade berichtete, im Stadtbild ja eine große Herausforderungen mit sich brächten. Wie sieht es unter anderem mit Vandalismus aus? Nach Erfahrungen Dr. Weinmanns werden die öffentlichen Ladesäulen kaum genutzt. Die Nutzer der E-Minis laden Ihre Fahrzeuge eher zu Hause auf. Dennoch sind nach seiner Auffassung die öffentlich zugänglichen Ladesäulen notwendig für die Mobilität der Elektrofahrzeuge. Erfahrungen mit Vandalismus habe man bis dato noch nicht gemacht, so Weinmann, da bis jetzt kein Fall aufgetreten ist.

Im Anschluss daran fragte Herr Meißner, ob es Erfahrungen der Nutzung in Abhängigkeit zum Strompreis gebe. Frau Professor Lenz berichtete, dass es noch keine Erkenntnisse gibt, da die Forschung sich noch in der explorativen und nicht in der analytischen Phase befinde. Eventuell könnte das elektrisch betriebene Fahrrad der Vorreiter des Elektroautos werden, so dass die Nutzer den Vorteil der Nutzung von Elektrofahrzeugen Stück für Stück für sich selbst entdecken.

 

Um genau dieses sukzessive Entdecken zu fördern, wurde am selben Tag der Veranstaltung in der Friedrichstraße von RWE der "Energieladen" eröffnet. Lauf Dr. Gaul dient der "Energieladen" zur Information der Kunden über das Thema Elektromobilität. Themen wie Energieeffizienz und der Einsatz regenerativer Energien sind auch für die Elektromobilität von entscheidender Bedeutung. Dr. Gaul sieht einen grundsätzlichen Wandel in der Energielandschaft, an der natürlich auch RWE maßgeblich beteiligt sein wird. Energie wird in der Zukunft eine andere Funktion haben. Für RWE heißt das auch, verstärkt in ökologische Methoden zu investieren.

 

Auch Dr. Kunst sieht die Notwendigkeit des ökologischen Handelns. Ziel sei es, Mobilität zu sichern, und zwar stadtverträglich. Dazu zählt auf jeden Fall das Elektrofahrzeug, das umwelt- und lärmentlastend ist. Derzeit ist geplant, Fahrräder nahe der S-Bahn den Einwohnern von Berlin und Potsdam zur Verfügung zu stellen, die diese in ihre Mobilitätskette integrieren. Die Nutzung des Fahrrades soll dann auch mit der Umweltkarte verbunden werden. Ein nächster Schritt könnte dann das E-Bike oder auch das Elektroauto sein.

 

Abschließend stellte Herr Meißner die Frage, wie die Podiumsteilnehmer zu anderen Ladekonzepten stünden, insbesondere zu dem Konzept von Better Place. Dr. Weinmann fand das Konzept des Batteriewechsels von Better Place interessant. Allerdings sah er die Resonanz auf dieses Konzept eher als verhalten an, da die Batterien standardisiert sein müssen. Eine Batterie kostet viel Geld und wird nicht genutzt, wenn Sie nicht im Auto ist. Inwieweit sich die Automobilhersteller auf dieses Konzept einlassen, sei noch offen. Dr. Gaul stimmte dem zu, zumal die Erkenntnisse bis jetzt ja auch zeigten, dass Nutzer eher ihr Elektrofahrzeug zu Hause aufladen. Damit Elektromobilität nicht Immobilität heißt, sei daher eine ausgeprägte Ladeinfrastruktur unabdingbar.

 

Insgesamt war sich die Runde einig, dass die Modellvorhaben notwendige Erkenntnisse erbringen, die die Elektromobilität vorantreiben. Allerdings werde es noch dauern, bis aus den derzeitigen und noch folgenden Erkenntnissen Informationen abgeleitet werden könnten, die die Akzeptanz der Elektromobilität in der Gesellschaft fördern und bei der Entwicklung eines vom Kunden akzeptierten Elektrofahrzeuges helfen.         

 

Text und Fotos: Philipp Schmidt (Berliner Wirtschaftsgespräche e.V.)

 

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