Das Kompetenzfeld Energietechnik Berlin
10.02.2010
Das Kompetenzfeld Energietechnik Berlin
Interview mit dem Kompetenzfeldmanager Boris Safner von der TSB
Die Energietechnik ist das jüngste Kompetenzfeld der Berliner Technologiepolitik. Welche Bedeutung kommt diesem Bereich zu?
Der Energiebereich ist von erheblicher und zudem wachsender Bedeutung für die Wertschöpfung und Beschäftigung in der Region. Allein in Berlin verfolgen mehr als 350 Unternehmen unterschiedlicher Größe mit insgesamt mindestens 29.000 Beschäftigten energiebezogene Geschäftszwecke. Davon entfallen 22.000 auf das Verarbeitende Gewerbe, 6.000 auf Energieversorgungsunternehmen und mindestens 1.000 auf Dienstleistungsfirmen. Dies ist das Ergebnis einer umfangreichen Studie, die die Technologiestiftung vor zwei Jahren erstellt hat. Daraus folgte dann die förmliche Einrichtung dieses Schwerpunkts bei der TSB, den wir in Ergänzung mit den Aktivitäten der Zukunftsagentur Brandenburg zu einem gemeinsamen Zukunftsfeld innerhalb der Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg ausgebaut haben.
Wo sind die Stärken der Region?
Berlin hat bereits heute bei Turbomaschinen und in der Photovoltaik herausragende Positionen im internationalen Wettbewerb erreicht. In anderen Kernfeldern sind besondere Kompetenzen in Wissenschaft und Wirtschaft vorhanden. Dies gilt für die Bereiche Antriebe, elektrische Netze und Lichttechnik. Daneben gibt es Tätigkeitsfelder mit derzeit noch wenigen, jedoch leistungsstarken und entwicklungsfähigen Akteuren in der Solarthermie, bei der Abwärme-Nutzung und dem solaren Kühlen, in der Automatisierungstechnik für energieoptimierte Gebäude sowie bei Brennstoffzellen- und Wasserstofftechnologien.
Um die vorhandenen Potenziale in wirtschaftliche Leistungsfähigkeit umzusetzen, empfiehlt die Studie eine strategisch ausgerichtete Unterstützung des Feldes. Dazu ist die bessere Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft entscheidend, da in Berlin - abgesehen von einigen Werken größerer Energietechnik-Konzerne - kleine und mittlere Unternehmen vorherrschen und eine insgesamt heterogene Struktur des Technologiefeldes zu verzeichnen ist. In Berlin arbeiten in der Forschung etwa 500 Experten an einem breiten Spektrum energierelevanter Themen.
Wie gehen Sie dabei vor?
In unserem Arbeitsprogramm haben wir uns zunächst auf fünf thematische Handlungsfelder konzentriert. Das sind neben der Photovoltaik und den elektrischen Übertragungs- und Verteilungsnetze einschließlich Energiespeicherung auch der Bereich Turbomaschinen Kraftwerkstechnik bis hin zu Energieeffizienztechnologien, sowohl bei der Anwendung in Gebäuden wie im Verkehr. Last but not least bilden die Erneuerbaren Energien wie Biokraftstoffe der 2. Generation, Wasserstoff, Geothermie und Windenergie einen weiteren Schwerpunkt.
In diesen Feldern suchen wir dann durch die Bildung von Netzwerken oder die Förderung von FuE-Projekten zwischen Wissenschaft und Wirtschaft "kritische Massen" in der Energietechnik herzustellen. So haben sich auf Anregung der Technologiestiftung Berlin Ende 2008 führende Photovoltaik-Akteure zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Dazu muß man wissen, dass die Region Berlin-Brandenburg bereits heute eines von drei Ballungszentren der Solartechnik in Deutschland ist. Mehr als 35 Prozent aller deutschen Solarmodule werden hier gefertigt. Die Photovoltaikindustrie, die vor einem Jahrzehnt in der Region kaum existent war, hat sich zum wachstumsstärksten Zweig der Energiebranche entwickelt. Eine von der TSB erstellte interaktive Karte der Photovoltaik-Akteure in Berlin, die im Internet benutzt werden kann, macht dies anschaulich.
Was sind die nächsten Schritte?
Im Bereich der Photovoltaik setzen wir auf die nächste Generation der Solarzellen, die so genannten Dünnschicht-Solarzellen. Es war ein großer Erfolg in diesem Jahr, das das PVcomB (Kompetenzzentrum Dünnschicht- und Nanotechnologie für Photovoltaik Berlin), dies ist eine gemeinsame Initiative des Helmholtz-Zentrum Berlin in Kooperation mit der Technischen Universität Berlin, beim Spitzenforschungs-Wettbewerb des Bundesforschungsministeriums erfolgreich war. Durch die Förderung in Millionenhöhe wird es einfacher, dieses Zentrum aufzubauen, das neben der Forschung und Entwicklung der Dünnschicht-Technologie auch die Aus- und Weiterbildung von hochqualifizierten Fachkräften in diesem Bereich zum Schwerpunkt hat.
Demgegenüber ist der Bereich der Turbomaschinen (Kraftwerksturbinen und Turbokompressoren) überwiegend von Großkonzernen geprägt. Zusammen mit dem Strahltriebwerksbau für die Luftfahrt in Brandenburg dürfte die Hauptstadtregion über die europaweit höchste Dichte an Turbomaschinenherstellern verfügen. Umsatz und Beschäftigtenzahlen entwickelten sich in den letzten Jahren positiv. Wegen des
weltweit boomenden Marktes für Kraftwerke ist auch weiterhin mit einem Marktwachstum zu rechnen. Da die Großunternehmen in ihren Werken in Berlin hauptsächlich an der Verbesserung von Prozessen und Verfahren arbeiten, während die Produktinnovation schwerpunktmäßig in ihren Forschungszentralen außerhalb der Region stattfindet, wurde jetzt durch eine Initiative der Fraunhofer-Gesellschaft ein neuer Weg des Wissenstransfers eingeschlagen. Das neue Fraunhofer-Innovationscluster "Maintenance, Repair and Overhaul (MRO) in Energie und Verkehr" wird von 8 Forschungspartnern und 14 Wirtschaftsunternehmen getragen. Ziel dieser Initiative ist es, ressourcenschonende und energieeffiziente MRO-Prozesse und Technologien zu erarbeiten und nachhaltig in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg zu etablieren.
Boris Safner. Tel.: 030 / 46 30 25 33.
Email: safner@technologiestiftung-berlin.de
http://www.tsb-berlin.de/de/tsb-gruppe/kompetenzfelder/energietechnik/kompetenzfeld-energietechnik-berlin/